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FalterReport

(c) für alle Texte und Fotos, wo nicht anders vermerkt: Der Falter, 36341 Lauterbach

Inhalt:

lSpaziergänger interessierten sich für Trassengestaltung des Maulbacher Waldes
lKulturhistorischer Flashmob (Herrenwald, 1.1.2021)
l
Die Vergewaltigung der Natur
l Aufregung im Dannenröder Wald
l Einschüchterungsversuch
l Grüne Politik mit schwarzem Maulkorb
l Sturm und Sonne...
l Risikominimierung...
l "Was für ein Betonwahnsinn"
l Gift im Dannenröder Wald
l Trinkwasservorräte höchst gefährdet

 

Spontane Spaziergänger interessierten sich für Trassengestaltung des Maulbacher Waldes

300 Bäume sollen außerhalb des Planfeststellungsverfahrens gefällt werden


Sonniges Wetter und finstere Pläne der Deges im Trassenbereich des Maulbacher Waldes

Wunderschönes Wetter, der Lockdown noch einige Tage weit weg, was liegt da näher als ein schöner Spaziergang im Maulbacher Wald? Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger hatten die gleiche Idee, und so bewegten sich kleine Grüppchen von Naturfreund*innen, Hundehalter*innen und Wandersleuten durch den Maulbacher Wald, beziehungsweise durch das, was von ihm noch übrig ist. Selbstverständlich durfte die Polizei nicht fehlen, so langsam kennt man einzelne Gesichter der blauen Truppe, die immer wieder Sonntagsdienst schieben dürfen. Sie wollten einen Aktionsleiter wissen, den es nicht gab, denn wer leitet schon Spaziergänge? Schließlich ließ sich jemand breitschlagen, die Beamt*innen gaben sich zufrieden und rückten ab, weitere Schandtaten zu verhüten.

Schlemmer zufällig zugegen

Groß war die Freude als unter den Spazierenden Barbara Schlemmer von der Bürgerinitiative KeineA49 auftauchte, die zu berichten wusste, dass zu dem bereits umgelegten Gepflänz 300 Bäume zusätzlich gefällt werden sollten, und zwar an der Anschlussstelle zur A5, dort, wo das sagenhafte Ohmtaldreieck entstehen soll. Diese Bäume, so munkelt man, seien nicht im Planfeststellungsverfahren erwähnt, daher stehe noch in den Sternen, ob ihre Fällung legal sei. Die Deges sei wieder einmal um Harmonie bestrebt, und versuche, diese Fällungen unter der Hand durchzuziehen, Fakten zu schaffen, wie sie es so gerne tut.
Die Spazierenden entschlossen sich zu einem spontanen Besuch des künftigen Ohmtaldreiecks, zückten Handys und Kameras um das Gesehene zu dokumentieren und zogen zur Trasse, allwo der just in diesem Moment ebenfalls zufällig aufgetauchte Wolfgang Seim flugs den Bauzaun erklomm, um sich einen Überblick zu verschaffen. Etwa 60 Menschen hatten sich in respektvollen Zweimeterabständen in der Umgebung verteilt, einige von ihnen kamen von weither und redeten in allen Zungen.


Diese Eichen sollen weichen! W. Seim erklärt die anstehenden Fällungen im "Wutholz"! (Foto: Krauß)

Stromtrasse verlegt

Die Stromtrasse, so Seim, sei Schuld an dem geplanten Massaker unter weiteren wertvollen alten Eichen und Gehölzen. Sie solle geändert werden, führe dann etwas tiefer in den Wald hinein. Genauere Informationen seien bei der Deges nicht zu kriegen gewesen, allerdings wird vermutet, dass die Gefahr durch Eisschlag unterhalb der Leitungen nicht bedacht worden sei. Somit müsse die Trasse verlegt und alle Bäume unterhalb der Leitungen sowie innerhalb der Ausleger rechts und links an den Elektromasten sollten fallen. Blaue Kreuze markierten die Bäume, deren Tage gezählt seien. Zuständig sei die Obere Naturschutzbehörde, sprich: das Regierungspräsidium in Gießen. „Der Wald ist mal wieder im Weg“, stellte eine Spaziergängerin sarkastisch fest.

Blaue Kreuze markieren die Bäume, deren Tage gezählt sind

Seim hatte beim Revierförster nachgefragt, der sich um die schönen Eichen sorgte, die noch „Potential hätten“. Hier meldete sich Barbara Schlemmer zu Wort und gab zu bedenken, dass bei solchen Entscheidungen die Naturschutzverbände mit einbezogen werden sollten, andernfalls seien die Pläne schlichtweg nicht legal.
Besonders unglücklich seien die Bewohner des Forsthauses. Das Haus steht genau an der Trasse, wird von der Autobahn fast überrollt werden. Der letzte Lärm- und Sichtschutz, eine Reihe alter Eichen und Koniferen, soll den Bewohner*innen jetzt auch noch genommen werden. Zu diesem Behufe würden sie vorübergehend enteignet, dann, wenn die Bäume entnommen worden seien, bekämen sie ihr geschändetes Grundstück zurück. Dies werden die Betroffenen voraussichtlich nicht ohne weiteres mit sich machen lassen, „Die Sache ist noch nicht durch“, erklärte Schlemmer.

Die „Ausbuchtung“, die hier zu sehen ist, soll der Trasse weichen

Nachdem der Seim behende vom Zaun geklettert war, ging es weiter hügelab, am Forsthaus vorbei. Stümpfe von zukünftigen Strommasten zeigen, wo die Trasse verlaufen soll, in der Tat zu nahe am noch stehenden Wald. Wo der Waldweg kreuzt, wird die Autobahn im Boden versenkt, sodass die zahlreichen Wanderwege über eine Brücke durch den Feinstaub führen werden, die Kreisstraße hingegen solle unter der Autobahn durchführen. Mit den Fällungen wolle man im Februar beginnen.
Zur Linken der Zuschauer fließt ein noch murmelndes Bächlein zu Tal, flankiert von Bäumen, Stangenholz und Büschen verschiedener Art. Der Bach, so Seim, wird bleiben, das Biotop jedoch wird sich ändern. Fragen nach Abwässern, Öl und Reifenabrieb werden laut. Rückhaltebecken seien vorgesehen, wie man sie an der A5 bereits bewundern kann. Fröhlich eingezäunt sehen dieselben idyllisch aus, mit Schilf und sauber gemähtem Uferbewuchs – Faltercomix hatte am Vortag bereits recherchiert. Allerdings gab ein Spaziergänger zu bedenken, dass das Wasser aus den Rückhaltebecken unverzüglich in das nächste Fließgewässer eingeleitet würde. So kämen Reifenabrieb und Co. Zwar nicht sofort ins Grundwasser, beeinflussten aber die umliegenden Flüsse und Bäche.
Nachdenklich verteilten sich die Grüppchen wieder im der Natur, während das Gesagte in verschiedene Sprachen übersetzt wurde.

Eine musikalische Überraschung erwartete diejenigen, die bis zum Sportplatz durchhielten: Broder Braumüller hatte eine neue Ballade gedichtet. Seine musikalischen Beiträge rundeten den Tag ab.

 

* * *

Kulturhistorischer Flashmob unter strengster
Aufsicht von Hessens Polizei

Förster i.R. Karl-Heinz Zulauf und Reinhard Forst informierten die zufällig Eingetroffenen zu historischen Brücken und hysterischen Planungen und Ausgleichsmaßnahmen an der Kirschbrücke und im Herrenwald.


Täter vor ihrem Werk. Bild: Falter

Eine kulturhistorische Wanderung hätte geplant sein können, zu den historischen und zukünftigen Brücken am Rande des Herrenwaldes, aber auch in denselbigen hinein. Diese Wanderung fand statt, bis die Polizei auftauchte, mit allem Kommher, und man sich dann entscheiden musste, ob es sich nicht lieber doch um eine Spontandemo handelte. Reinhard Forst übernahm das Kommando einer Demo (oder war es doch ein Flashmob?) und besänftigte den Büttel, der versuchte, einerseits seinen Befehlen nachzukommen, andererseits die Absurdität der Situation ein wenig abzumildern, ohne jedoch sein Gesicht zu verlieren – das übliche Dilemma eines noch nicht völlig moralisch auf den Hund gekommenen Polizisten im Drama um den Dannenröder Forst.

Im Vorfeld sagte Forst einige Worte zu der von ihm initiierten Petition. Wichtig sei, dass es sich nicht um eine Campact-Aktion handele, sondern und eine Petition, zu der sich jeder Mensch selbst anmelden müsse, was bislang ausgesprochen gut liefe, innclusive Spendn. Ein Werbespot sei geplant, wobei einer der Ausführenden ehrenamtlich arbeite, wohingegen für den Grafiker Geld genug vorhanden sei. Sprachs und wurde prompt von HE2314 (mit Doppelpunkt am Ärmel, einfachem Punkt auf dem Helm) über sein woher und wohin befragt, was den Ausflug (oder war es doch ein Flashmob?) prompt verzögerte.

Schlussendlich kam die Truppe, scharf bewacht von Hessens Gesetzeshütern, an die Kirschbrücke. Hier, wo es etwas zu lernen gab, zog der Büttel sich wieder in seine Comfortzone zurück. Archäologische Untersuchungen hatten hier stattgefunden, doch dazu später mehr.

Eichen werden weichen

Ausgleich-Eichen, angeblich ein Ersatz für den gerodeten Wald - ein trostloser Anblick. Bild: Falter

Einige Schritte weiter kam die erste Ausgleichsmaßnahme für eine Tat, die man nicht ausgleichen kann. Eichen wurden gepflanzt, pro Eiche laut Ex-Förster Karl-Heinz Zulauf kann man bis zu sieben Euro veranschlagen. Sinn der Übung: Deges kann sagen, die Ausgleichsmaßnahmen habe man sich etwas kosten lassen. Unsinn der Übung: Die Eichen haben laut Zulauf an dieser Stelle nur überlebt, weil sie regelmäßig gewässert wurden. Ob sie der künftigen Sommersonne und kommenden Trockenperioden standhalten werden, sei ungewiss. An dieser Stelle wies Zulauf auch darauf hin, dass durch Wind, Trockniss und Borkenkäfer, welche durch die Schneise im Herrenwald gefördert würden, letztendlich drei Mal so viel Fläche verloren ginge wie eigentlich geplant. Bäume zu schützen sei allemal besser als neue Bäume anzupflanzen, so Zulaufs Fazit.

Kritiker der Molche und Echsen

Unter immer stärkerem Polizeischutz ging es weiter. Durch Amphibienzäune abgetrennte Bereiche deuten an, wo die Zauneidechse sich künftig aufzuhalten habe. Auf den besorgten Hinweis einer Demonstrantin hin verlässt ein kooperativer Einsatzbeamter den Bereich, der jedoch zur gleichen Zeit von Zulauf und Zuhörer*innen betreten wird. Auch diese Ausgleichsmaßnahme hält Zulauf für wenig sinnvoll, denn ob alle Eidechsen gerettet seien und ob dieselben sich hinfort an ihren neuen Aufenthaltsort hielten, sei fraglich. Geplant hätten die Reptilienschutzzonen die Deges in Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro, wieder einmal: Viel Geld für wenig Sinn.
Unterstützt wurden die Deges und Konsorten von einem lokalen Tier- und Naturschutzverein, wie ein Eidechsenschützer dem Mahnwachenteam der MaWa „Jesus Point“ im Oktober diesen Jahres erläuterte. Dies lässt hoffen, dass wenigstens diese eine Maßnahmen mehr sein könnte als ein Feigenblatt auf der gigantischen Blöße im Herrenwald. Dort sollte nun auch die Spontanwanderung weitergehen, dort strebte man also hin.

Nervöse Gesetzeshüter


Die Gesetzeshüter wachen über den majestätischen Herrenwald. Bild: Falter

An dieser Stelle erwachten Hessens Gesetzeshüter zu neuem Leben. Die Rodungsfläche, so ein Wachmann, dürfe nicht betreten werden, wo kämen wir denn da hin. Da gibt es Befehle und die müssten befolgt werden! Eine kurze Diskussion um die Begriffe „Fällen“ und „Roden“ entspann sich, was den verstümmelten Bäumen, deren Stümpfe noch gerodet werden sollen, nicht wirklich half. Wachmann HE12776 blieb hingegen eisern. Niemand dürfe in den Wald, basta. Einen Grund brauchte die Truppe nicht, ein Befehl genüge, so hieß es. Man handele auf eine Verfügung der Forstbehörde. Punkt. Der Unmut der Wandernden / Demonstrierenden / des Flashmobs war nicht zu überhören, auch die 2,7 km Bauzaun wurden erwähnt und die Kosten, für die der Steuerzahler aufzukommen habe. Die dieselbetriebenen „Leuchttürme“, die auf der Schneise im Danni den Weltraum erleuchten der Firma Mundt Spaß am Rasen bescheren, wurden erwähnt, was die Polizei nicht weiter störte.

Der Flashmob ließ das Team Blau somit zunächst stehen und wandte sich zum Tal der Gleen, das von einer Brücke überquert werden soll, deren Pfeiler laut Zulauf 30 Meter tief in die Erde gerammt werden sollten. „Eigentlich darf hier keine Kuh weiden, um das Grundwasser nicht zu gefährden“, meinte Zulauf mit einem gewissen Sarkasmus in der Stimme. Gleichzeitig sei geplant, Abwässer direkt in die Gleen abzuleiten, weitere Vorsichtsmaßnahmen wie Überlaufteiche seien nicht genug. Ein volles Jahr sei für den Brückenbau eingeplant, so Zulauf, die Brunnen seien in dieser Zeit abgeschaltet, woher die Bevölkerung ihr Trinkwasser beziehen solle, könne ihm bislang niemand sagen. Eine Steigung über vier Prozent sei für eine Autobahn ungewöhnlich, würde heutzutage in der Planung nicht mehr einbezogen. Grund dafür sei das „übergeordnete Interesse“, was bei Zulauf und zahlreichen anderen für Unverständnis sorgte, denn das übergeordnete Interesse bezieht sich in erster Linie auf Gesundheit und Umweltschutz. Sämtliche Gründe die für die Autobahn A49 sprechen, sind falsch oder vorgeschoben, denn weder der Gesundheit noch dem Umweltschutz sei eine Autobahn förderlich. Aus diesem Grund, so erläuterte Zulauf weiter, würde immer wieder auf der angeblichen Entlastung einzelner Ortschaften herumgeritten, wobei die zusätzliche Belastung von Ortschaften wie Maulbach ignoriert würde. Die CO2-Einsparung durch die verkürzte Strecke (11 Kilometer weniger!) würde jedoch durch das vermehrte Verkehrsaufkommen allemal wettgemacht. Auch die Nachteile durch die Industriezentren seien hier nicht eingerechnet.

Support bis in die Abendstunden

Einige Schritte weiter talwärts, durch außer Sichtweite der zunehmend nervösen, jedoch befehlsgebundenen Polizei, findet man die Überreste eines mittelalterlichen Brennofens, der Scherben, archäologische Artefakte. Die Gruppe teilte sich hier. Während ein Teil den Informationen Reinhard Forsts lauschte, zog es einzelne wieder in die Richtung des Herrenwaldes, wo auch bald der Befehl geändert wurde, die Wanderer durften in das, was vom Grün noch übrig war und fleißig, unter der Aufsicht weiterer besorgter Staatswächter, die Besetzer einer riesigen Kronenholzbarriere supporten. Dort ging’s fröhlich zu, Supporter und Aktivist*innen hatten Spaß, die Polizei hatte Bereitschaft, wie sich das gehört, bis in die Abendstunden hinein, das das Team Schlumpf sich endlich zurückziehen durfte. „Ohne Polizei“, so resümiert ein Anwesender, „wäre ich nach einer Stunde wieder gegangen. So aber…“ und er lächelt glücklich.

 

* * *

 

Die Vergewaltigung der Natur

Das Duo „Spatz und Kanone“ geht mit Naturzerstörung, Egoismus und Ungerechtigkeit scharf ins Gericht – provokantes Konzert an der Mahnwache – spontane Maskenaktion des Theaters Mimikry

Es hat etwas Sexuelles, Ordinäres, die Art und Weise, wie mancherorts mit der Natur umgegangen wird, ebenso wie das Verhältnis einiger Menschen zu ihren hochmotorisierten Autos. Entsprechend vulgäre, aber passende Worte dafür fand der Kabarettist Bernd Barbe aus Melsungen, der zusammen mit Theo Henn unter dem Namen „Spatz & Kanone“ ein nicht unumstrittenes Konzert bei der Dannenröder Mahnwache gab.


"Maskenpflicht" am Dannenröder Forst alsTeil des kreativen Widerstands.

Dabei fing es ganz harmlos an. Maskierte Schauspieler*innen des Theaters Mimikry umtanzten die Anwesenden, wie Waldgeister wirkten sie mit ihren Masken, die an die Kunst von Benin oder an die Moais auf Rapa Nui erinnerten. Das Publikum, noch ganz unter dem Eindruck der zahlreichen politischen Aktionen, die sonst den Tag geprägt hatten, hielt inne, schaute verzaubert auf die tänzelnden Wesen, die in einem Korb Waldzitate und Gedichte verteilten. „Bäume, Lyrik, Masken“ heißt die Aktion, mit der die Künstler*innen sich für den Dannenröder Wald einsetzen. Im Rahmen einer Aktionsreihe unter dem Arbeitstitel „Verhüllung als Offenbarung“ versucht das Theater, sich mit spontanen theatralen Aktionen in gesellschaftliche Prozesse einzubringen.
„Mit dieser Aktion wollen wir die archaische Verbindung zwischen Menschen und Bäumen sichtbar und fühlbar machen“, erklärt eine der Künstlerinnen.


„Spatz und Kanone“ zeigten bissige Satire unter schwierigen Bedingungen. Fotos: Falter

Auch das Konzert von Spatz und Kanone begann eher ruhig. „Ich wär viel lieber / ein alter Biber“, sang Barbe „und wär daheim im Biberbau / in einem Weiher / mit Fisch und Reiher / und einer lieben Biberfrau.“ Für alle, die nicht so auf Frauen stehen, könne er das Ganze auch an den „Biberdamm“ verlegen. Dann habe frau oder man eben einen lieben Bibermann.
Dann wurde sein Ton jedoch schärfer, provozierte, rüttelte wach. Der autogeile Fan des Porsche Cayenne verlangt für sein Auto „Beine breit“, das kleine Blümchen wurde „geknickt“, der kleine Igel wirkte „bedrückt“, das kleine Menschlein, es geht so „gebückt“. All dies wies hin auf eine ordinäre Vergewaltigung der Natur. Nichts passt besser zum geplanten Autobahnbau durch den Dannenröder Wald  als diese beiden Lieder, gesungen von Barbe und an der Cajón begleitet von Theo Henn.

„Hast Du mit irgendjemand Zoff – ruf 113 Kalaschnikoff“ – Zeilen, die dem Zuschauer eiskalt über den Rücken liefen, und die Anwesenden einen Seitenblick auf die Herrschaften der Firma Mundt riskieren ließen, die, diesmal aus sicherer Entfernung, das Konzert mit Ferngläsern begleiteten.
Spatz & Kanone ließen sich davon ebensowenig beirren wie das Publikum, das sich bei einem weiteren Song über den Sonnenbrand in Nordhessen amüsierte, einem Phänomen, das den Ur-Vogelsbergern bislang eher fremd gewesen ist. Die jedoch erklatschten sich noch zwei Zugaben.
Die Anwesenden hielten sich, wie immer, streng an die Hygieneregeln – zum Glück, denn das Schicksal eines Kassenpatienten ist laut Barbe hart: „Und wenn ich ganz viel Glück hab komm‘ ich lebend raus / aus `nem ganz normalen deutschen Krankenhaus“ nimmt er, nicht ohne Bitterkeit, das Gesundheitssystem auf’s Korn.
Ein gelungenes Konzert, bissig, böse, humorvoll, satirisch – und unter äußerst schwierigen Bedingungen gehalten. Der Wind wehte, das Publikum wechselte, blieb unruhig und diejenigen, die am ehesten eine Lektion in Sachen Umweltschutz und Respekt benötigt gehabt hätten, standen am Taubenzüchterheim und auf dem Gelände des Oldtimermuseums, und bewachten dort irgendetwas vor wir wissen nicht was.

 

* * *

 

Aufregung im Dannenröder Wald

Seile und Transparente verschwinden auf geheimnisvolle Weise

Von einem Großaufgebot der Polizei im Dannenröder Wald war die Rede, auch hieß es, dass in zwei Wochen die Räumung stattfinden solle.

Der Falter ermittelte und forschte, wurde vom Polizeipräsidium Gießen rüde zurückgewiesen, nur der richtigen Presse wolle man Rede und Antwort stehen, so die etwas entnervte junge Dame.
Dies hatten die Wachtmeister allerdings schon getan, denn einer Pressemeldung der Polizei ist zu entnehmen, dass die Gesetzeshüter sich lediglich um das Wohlergehen von MDB Michael Brand gekümmert hätten, welcher sich vor Ort ein Bild machen wollte. https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/43559/4689725

Mitnahme von Gegenständen durch Mitarbeiter der Firma Mundt?


Mundt-Raub im Dannenröder Wald? Bild: Falter

Unangenehmer fielen da schon einige Mitarbeiter der Firma Industrie- und Werkschutz Mundt GmbH auf, die dabei beobachtet wurden, wie sie Seile und Transparente in ein Auto mit Düsseldorfer oder Dortmunder Kennzeichen luden, so geschehen um 11:00 Uhr im Dannenröder Wald, laut sicherer Quelle. Die Firma Mundt war bislang noch nicht zu sprechen, FalterReport bleibt am Ball. https://www.iwsm.de/kontakt

Zwei bis drei Hundertschaften in Stadtallendorf

Vor einer Räumung müssen sich die Aktivist*innen derzeit noch nicht fürchten, ist doch nur geplant, dass zwei bis drei Hundertschaften in Stadtallendorf unterzubringen, dies reicht laut Expertenmeinung für eine Räumung nicht aus. Einige andere Arbeiten könne man so erledigen, eventuell hätten es die Menschen auf Bodenstrukturen im Wald abgesehen, so wird vermutet. Bei einer Räumung, so heißt es, seien über fünf Hundertschaften der Polizei nötig, um diese Mammutaufgabe zu bewältigen.
Eine „Hundertschaft“ sind übrigens nicht zwangsläufig hundert Mannen, sondern vielmehr eine eigene Einheit, bestehend aus 80 bis 120 Polizist*innen. Der Ausdruck kommt aus der Militärsprache. https://polizist-werden.de/polizei-hundertschaft/

Also: Kein Grund zur Panik, aber tausend gute Gründe, sich in den Dannenröder Wald zu begeben, um ihn selber zu begehen, solange er noch steht!
#Waldstattasphalt #Dannibleibt #KeineA49

26.08.2020

 

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Einschüchterungsversuch und Nötigung
an der Mahnwache

Wachdienst weigert sich, zu kommunizieren –  Grünen-Kreisverbände geschlossen hinter „Danni“

Vom Falter

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Ihre Daten wurden geschützt. Die Polizei zog sich mit den Wachleuten ins Feld zurück. Bid: Falter

Fast hundert Menschen trafen sich am 16. August zur sonntäglichen Kundgebung an der Mahnwache in Dannenrod, wie immer in friedlicher Mission, um sich über den Stand der Dinge zu informieren und Ihre Solidarität mit denjenigen zu bekunden, die den Wald mit ihrem Leben schützen.

Der Fall einer Räumung ist nach wie vor ein Thema. Die Menschen im Wald müssen mit Wasser versorgt werden, an der Mahnwache werden Flaschen und Kanister gesammelt, um ggf. Wasser in kleinen Mengen in den Wald transportieren zu können.
Wer nicht am Tag R vor Ort sein kann, hat immer noch zahlreiche Möglichkeiten, die Aktivist*innen zu unterstützen. Menschen werden für die Küche gebraucht, Fahrdienste werden benötigt, eventuell brauchen Menschen Unterkunft für eine oder zwei Nächte, Auskunft erteilt Thomas Thompson aus Homberg / Ohm (tompthompson@web.de). An der Mahnwache liegt eine Liste aus, in die potentielle Helfer*innen sich eintragen können.

Candystorm für Schlemmer

Barbara Schlemmer berichtete von der #Pressekonferenz, die „Wellen geschlagen“ habe. Ein wahrer Candystorm aus unterstützenden Emails und Angebote, aus Spenden einen Rechtsanwalt zu finanzieren, freuten die Sprecherin der Grünen in Homberg. Die Gegner, so Schlemmer, verhielten sich wie ein getroffener Hund, die CDU hätte sich durch ihre Pressemitteilungen selber gerichtet, „und die SPD gleich mit“, triumphierte sie. „Dass David Hinkel es nötig hat mir den Tod zu wünschen, ist geistige Brandstiftung“ befand sie, und Todeswünsche stellte sie gleich mit dem Anfang des Untergangs der Demokratie. „In meinem Kampf um den Dannenröder Wald bin ich immer sachlich geblieben!“, betonte sie. Zwar würde jede Seite einmal in eine schärfere Tonlage verfallen, doch eine derart persönliche Drohung „schließt sich von meinem christlichen Weltbild aus!“. Gewisse Parteien, so Schlemmer, sollten sich überlegen, wofür die Buchstaben „S“ und „C“ in ihren Namen stünden! Ach Claudia Blum, die Bürgermeisterin von Homberg/Ohm, solle sich besser vor gewissen Aussagen schützen, ehe sie selber nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehe.

Hoffnung auf Anfrage im Bundestag

Die Grünen in der Umgebung hingegen stehen laut Schlemmer „geschlossen hinter Danni“. Nicht nur die Grünen im Vogelsbergkreis, sondern auch die Grünen im Landkreis Gießen, Marburg-Biedenkopf sowie die Grüne Jugend Marburg-Biedenkopf hätten inzwischen den Dannenröder Appell unterschrieben.

Große Hoffnung setzt Schlemmer auf eine Anfrage im Bundestag, als kleine Anfrage hat sie die Wasserproblematik noch einmal dargelegt genaueres unter https://www.bundestag.de/presse/hib/708532-708532
Am Donnerstag in der gleichen Woche werden sich „Fridays for Future“ in einem Gespräch mit Angela Merkel für den Dannenröder Wald einsetzen, sie unterstützen „Danni“ weiterhin mit einer deutschlandweiten Kampagne. Auch Thom Thompson wird sich mit einem entsprechenden Schreiben direkt an die Bundeskanzlerin wenden.

Vierseitiger Artikel im Greenpeace-Magazin

Inzwischen hat der Dannenröder Wald es ins Greenpeace-Magazin geschafft, ein vierseitiger Artikel widmet sich dem hessischen Urwald, auch an dieser Stelle bedankte sich Schlemmer herzlich bei Fridays for Future.

Die Presse wird voraussichtlich während der gesamten Räumung im Wald vertreten sein, ein Pressefotograf wird sich längere Zeit im Wald aufhalten, sodass er bei der Räumung gleich vor Ort sein kann. Auch Sat1 möchte zwei Wochen lang im Wald sein, um eine Reportage zum Thema zu drehen.

Unverschämtes Auftreten der Firma Mundt.

Nervtötend und unverschämt verhielten sich vier Herren von der Firma Industrie- und Werkschutz Mundt (iwsm).  Sie kamen mit dicken SUV vorgefahren, wollten sich durch die Menge quetschen. Alle Anwesenden waren sich einig, dass einige höfliche Worte genügt hätten, und man wäre beiseite gegangen. So aber versuchten Anwesende, mit den Fahrern in Kontakt zu kommen, wurden jedoch ignoriert, der Wachdienst weigerte sich sogar, die Scheiben herunterzulassen. Stattdessen wurden die Anwesenden fotografiert. Aktivist*innen berichteten, dass die Herren bereits Essen gestohlen hätten, auch habe man beobachtet, wie sie brennende Zigarettenstummel ins Laub geworfen hätten, und dies bei Waldbrandgefahr Stufe 1!
Besonders unverschämt wurden die Herren, als sie die Straße mit ihren SUV blockierten, eine Stunde lang den Motor laufen ließen und die Besucher des Treffens nicht nach Hause ließen. Die Polizei, die sonst schwer bewaffnet und mit einem Aufgebot von mehreren Wagen vor Ort ist, machte sich diesmal rar, erst eine Dreiviertelstunde später zuckelten die Wachtmeister an, duzten sich mit den Männern vom Wachdienst, nahmen aber gnädigerweise eine Anzeige des Aktionsbündnisses Keine A49 auf. Interessant, dass hier beim Datenschutz mit zweierlei Maß gemessen wurde. Was Menschen vom Aktionsbündnis sagten, geschah in Hörweite der IWSM, die zartbesaiteten Gemüter des Wachdienstes wurden hingegen geschont. Als sie ihre Aussage zu Protokoll gaben, durften sie sich in die Einsamkeit der Dannenröder Felder zurückziehen. Anordung des Polizisten: „Fahr halt mal da hin.“. Honi soit qui mal y pense.

Mit einigen Fragen wendete sich der Falter direkt an Deges und IWSM. Die Deges verwies auf einen eher nichtssagenden Beitrag auf ihrer Website, dem zu entnehmen ist, dass die Aktivisten „den Forst und den forstwirtschaftlichen Betrieb gefährden“. Dies klingt unglaubwürdig aus dem Munde eines Unternehmens, das seinen Förstern verbietet, mit den Aktivisten zu sprechen. Auch verwundert die plötzliche Sorge um einen Wald der, ginge es nach der Deges, in Teilen schon vernichtet wäre.

Die Firma IWMS selbst äußerte sich bislang nicht zu den Fragen von FalterReport.

19.08.20

 

* * *

 

Grüne Politik mit schwarzem Maulkorb

Illegale Rodungen beim Severinusgraben geplant.
Schlemmer: „Kriminell!“


Da kann er ein Lied von singen: Die Zerstörung der Natur und wie man sie bekämpft. Liedermacher Broder Braumüller aus Lauterbach umrahmte die Dannenröder Kunfgebung. Bild: Falter

„Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“ – hier waren sich der Liedermacher Broder Braumüller und Barbara Katharina Schlemmer, Sprecherin der Grünen in Homberg, einig. Von dem, was Braumüller zu Beginn und am Ende der sonntäglichen Protestaktion an der Dannenröder Mahnwache besang, kann auch die Grünenpolitikerin ein Lied singen, seit die neuesten Nachrichten aus dem Dannenröder Forst bekannt sind. So hat die Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, auf ein Schreiben Schlemmers reagiert, ein Treffen der Grünen mit Rainer Nau, Abgeordneter der Grünen und Fachmann auf dem Gebiet des Wasserschutzes, wird in der kommenden Woche stattfinden. Inzwischen sei nämlich bekannt, dass von Schutzzone 1 eine Leitung zur Schutzzone 2 führen solle, um Wasser in den Fluss „Klein“ zu leiten. Eine solche Umleitung ist laut Schlemmer jedoch verboten. (Näheres zu den Schutzzonen finden Sie unter: http://lexikon.wasser.de/index.pl?job=te&begriff=Wasserschutzzonen).
Die Grüne Planfeststellungsbehörde, so fuhr Schlemmer fort, sei verantwortlich für die ordnungsgemäße Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und müsse somit dafür sorgen, dass eine Wasserleitung aus der geschütztesten in eine weniger geschützte Zone unterbleiben müsse.

Evangelische Kirche bezieht Stellung

Desweiteren habe die Evangelische Kirche sich zur geplanten und bisher erfolgreich verhinderten A49 geäußert, sehr zugunsten der Autobahngegner. Als höchstes Entscheidungskriterium habe die Kirche den Klimaschutz bezeichnet, und sie fordere, den Bau der A49 aufzugeben. Einzelheiten sind einer Pressemitteilung des Evangelischen Dekanats Vogelsberg zu entnehmen, in der die Kirche sehr deutliche Worte findet. Der Dekanatssynodalvorstand (DSV) sprach sich für ein „Primat der Klimapolitik“ aus (https://dekanat-vogelsberg.ekhn.de/fileadmin/content/dekanat-vogelsberg/Bilder/2020/pdf/FGBdS_Verlautbarung_A49.pdf) . Die versprochene Verkehrsentlastung finde nicht statt, fuhr Schlemmer fort. Schlemmer verwies in diesem Zusammenhang auf die aktuellen Verkehrszahlen, die besagten, dass durch Homberg Ohm nach dem Fertigstellen der A49 täglich über 5000 PKW und über 750 LKW mehr als heute fahren werden. Vorteile versprechen diese Zahlen nicht. Lediglich Stadtallendorf profitiere vom Bau der Autobahn. Dieser Meinung ist der DSV ebenso wie die Grünen.
Nicht nur die Evangelische Kirche zähle zu den Unterstützern der Beschützer des Dannenröder Waldes, freute sich Schlemmer. Zahlreiche neue Gruppen, gespeist vor allem aus jüngeren Generationen, unterstützten das Anliegen der Umweltschützer*innen, eine größere Demo sei geplant, Genaueres werde noch bekanntgegeben. Von „überzogenen Darstellungen“ und „aufbauender Berichterstattung“ einiger sensationslüsterner Presseleute lasse man sich nicht beirren.
Aufgebracht äußerte Schlemmer sich darüber, dass weitere Landwirte ihr Land abgeben sollten, weil es sich herausgestellt habe, dass die Ferngasleitung bei Maulbach nach dem Planfeststellungsverfahren nicht gebaut werden könne. Der Boden sei nicht geeignet für eine Ferngas-Trasse.

An Naturschutzverbänden vorbei

Das gleiche Problem hätten die Verantwortlichen mit der Stromtrasse, der bereits im vergangenen Herbst zahlreiche alte Bäume bei Maulbach zum Opfer gefallen waren (vgl. FalterKommentar: „Unmensch“). Da auch hier der Boden ungeeignet für Bauwerke wie Strommasten und Tonnenschwere Kabel sei, wolle man auf den so genannten Severinusgraben ausweichen, einem naturbelassenen Wildbach, der noch aus der Eiszeit stamme und durch die Baumaßnahmen verschwinden könne. Dieses Ausweichmanöver, dem natürlich auch jede Menge Wald zum Opfer fiele, sollte an den Naturschutzverbänden vorbei organisiert werden. Die Deges habe wieder Fakten schaffen sollen, ein Vorgehen, das gegen das Gesetz sei, da bei solche gravierende Eingriffe einer Genehmigung bedürfen. Diese Nichtbeteiligung der Öffentlichkeit bei dem Planfeststellungsverfahren werde man sich noch genauer ansehen, Berichterstattung folgt.  „Wir haben noch viele Eisen im Feuer“, schloss Schlemmer ihre Rede, der Einsatz um „Danni“ werde weitergehen, „jetzt erst recht“!

Kommunikationsbereitschaft der Deges?

Jürgen Bender, der sich seit 30 Jahren für den Erhalt des Dannenröder Waldes interessiert, berichtete über die Aufforderung der Deges in der Oberhessischen Presse, die „Aktivisten“ mögen sich bitte aus dem Wald zurück ziehen. Auch habe die Deges zur Gesprächsbereitschaft aufgefordert. Hierzu verlas Bender ein Antwortschreiben, in welchem das Vorgehen der Verantwortlichen als „Machtpolitik ohne jede Kompromissbereitschaft“ bezeichnete und „Grüne Politik mit schwarzen Maulkorb“ verdammte. Eine grundsätzliche Verkehrswende sei unvermeidlich, fügte er hinzu und betonte: „Wir werden die Widerstandsformen selber bestimmen!“.
Hier meldete sich eine Aktivistin zu Wort, die sich darüber amüsierte, dass die Deges ausschließlich Männer aufgefordert habe, den Wald zu verlassen. Als Frau sei sie mit „Aktivist“ nicht angesprochen. Selbstverständlich, so fuhr sie fort, werden die Aktivistinnen und Aktivisten bleiben, wer Kontakt suche, könne dies über die Mahnwache tun, die täglich von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr besetzt sei. Für Gesprächsbereite sei dies die beste Möglichkeit, den Wald und seine Bewohner kennenzulernen.
Eine Mahnwache der besonderen Art wird von Freitag, dem 17. Juli bis Samstag, den 18. Juli Am Elisabeth-Brochmann-Platz in Marburg stattfinden.

Barbara Schlemmer ergänzte die Informationen noch mit zwei guten Neuigkeiten vom ADAC: Der Allgemeine Deutsche Automobilclub habe nämlich gefordert, dass Raser strenger bestraft werden sollten, außerdem habe er mehr ÖPNV in Ballungsgebieten gefordert, was bei den Anwesenden auf große Zustimmung stieß.

Nachdem Elke Müller ordnungsgemäß die Versammlung geschlossen hatte, gab es noch jede Menge Kontaktmöglichkeiten mit den Aktivist*innen. Ob diese jedoch von Mitarbeiter*innen der Deges genutzt wurden, darüber liegen FalterReport noch keine Informationen vor.

14. Juli 2020

 

 

Sturm und Sonne – Stimmung und Info
an der Mahnwache

Fakten, Info und Workshop schweißen die Anwesenden zusammen

Von Falter


Versammlungsleiterin Elke Müller informierte über den aktuellen Stand. Foto: Falter.

Stürmisch und sonnig war das Wetter an der Mahnwache, ähnlich ambivalent die Stimmung der fast siebzig Anwesenden, die sich, wie jeden Sonntag, dort trafen, um den Aktivisten ihre Solidarität zu bekunden und um sich über die neuesten Entwicklungen bezüglich des Dannenröder Forstes zu informieren und auszutauschen.
Elke Müller von der Schutzgemeinschaft Gleental begrüßte die Anwesenden und bedauerte, dass die Klage einer Landwirtsfamilie aus formalen Gründen abgewiesen worden sei. Der Familie war 2017 mitgeteilt worden, dass sie im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens eventuell Flächen hätte abgeben müssen. Das Flurbereinigungsverfahren sollte helfen, die Enteignungen zugunsten der A49 gerechter zu gestalten. Die betroffene Familie hatte zwar gewusst, dass Enteignungen im Raum standen, war aber über den genauen Zeitpunkt und Umfang im Unklaren gewesen. Genaueres erfuhren die Landwirte erst zwei Jahre später, woraufhin sie unverzüglich klagten. Das Gericht behauptete, die Klage hätte 2017 sofort eingereicht werden müssen und wies die Klage somit ab. Während des Verfahrens habe sich jedoch herausgestellt, dass 2019 das Planfeststellungsverfahren geändert worden sei – ohne Beteiligung der Öffentlichkeit, was gegen die Arhus-Konvention (https://www.bmu.de/themen/bildung-beteiligung/umweltinformation/aarhus-konvention/) sowie gegen geltendes Baurecht (https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Planfeststellung/planfeststellung_node.html) verstoße.

Solidarität durch Leserbriefe

Unmittelbar nach diesem Urteil habe die DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und –bau GmbH) einen Vertrag mit der Kölner Strabag AG, einem Unternehmen für Verkehrswegebau, unterzeichnet.
Die bereits bekannte Missachtung der Wasserrahmenrichtlinie (FalterReport berichtete) könnten, so Müller, noch ein Nachspiel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben.
Dass der Dannenröder Wald und seine Freunde und Unterstützer*innen sowie die Aktivist*innen, die ihn mit ihrem Leben schützen, nicht alleine stehen, zeigten laut Müller zahlreiche Leserbriefe in den lokalen Medien, die einerseits den Ausgang des in Leipzig gefällten Urteils bedauerten (FalterReport berichtete), andererseits aber ihre Sache noch nicht für verloren erklärten. Artikel und Leserbriefe zum Thema liegen an der Mahnwache aus und sind dort einzusehen. Die Mahnwache ist täglich von 13.00 bis 15.00 Uhr besetzt.
Auch seien erste Petitionen beim Hessischen Landtag eingereicht worden. Müller wies darauf hin, dass jede Bürgerin und jeder Bürger das Recht habe, eine Petition einzureichen, zudem könne man bislang ungeklärte Fragen auch schriftlich an den eigenen bzw. die eigene Bundestagsabgeordnete senden, um auf die Situation in Dannenrod aufmerksam zu machen.

Unterstützung durch VIP

Von Barbara Schlemmer, Sprecherin der Grünen in Homberg, richtete Müller aus, dass Schlemmer zu dem Schauspieler und Naturschützer Hannes Jaenicke Kontakt aufgenommen habe. Jaenicke engagiert sich für den Naturschutz, kämpfte gegen Plastikmüll und gegen Windkraftanlagen im Reinhardswald. Auch Peter Wohlleben, der sich bereits für „Danni“ solidarisch erklärt hat, wurde einer Zuschauerin zufolge wieder angeschrieben.
Eine Petition gegen die A49 kann noch unterschrieben werden. Sollte die entsprechende (https://schutzgemeinschaft-gleental.de/petitionen/) sich nicht öffnen lassen, so können Interessierte sich an Barbara Schlemmer (s. www.gruene-vogelsberg.de) wenden.

Kostbarer Sand

Interessante Daten und Fakten brachte eine Aktivistin zu Gehör. Sehr detailliert erklärte sie die Auswirkungen der Herstellung von Beton und Zement, die vielen Menschen nicht bewusst seien. So würden weltweit alle 12 Sekunden eine Menge von umgerechnet 19.000 Badewannen voll Beton verbaut. Da Sand ein wichtiger Bestandteil des Baustoffes ist, seien ganze Strände schon für die beliebte Mischung geopfert worden, Flussbetten würden ausgebaggert, um zu Baumaterial zu werden. Problematisch sei der äußerst umweltunfreundliche und energieaufwändige Herstellungsprozess für Zement, dessen zweitgrößter Hersteller in Deutschland das Unternehmen HeidelbergCement sei, hinzu kämen diverse Tochterfirmen.
Recherchiert hatten die Aktivist*innen auch zur Urbanisierungsrate, die zu einem erheblichen Rückgang der Wirbeltierarten weltweit geführt hat – über die Hälfte der Wirbeltierarten sind inzwischen  unwiederbringlich verloren. „Ein unbegrenztes Wachstum ist auf einem begrenzten Planeten nicht möglich“, schloss die Aktivistin ihren Vortrag.

Von einer Demo in Frankfurt am Main berichtete Karl-Heinz Zobich. Organisiert wurde die Demonstration von der der Schutzgemeinschaft Vogelsberg in Zusammenarbeit mit Fridays for Future Marburg. Die Schutzgemeinschaft hatte dagegen protestiert, dass Vogelsberger Trinkwasser durch Frankfurter Toilettenspülungen gejagt würde, wie Zobich dies drastisch ausdrückte. Um den Frankfurter Bürger*innen und Politiker*innen, darunter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig,  zu verdeutlichen, was im Vogelsberg auf dem Spiel steht, habe man tote Bäume an den Main gefahren und vor dem Frankfurter Römer aufgebaut.

Elke Müller wies noch auf den Verlust eines größeren Transparentes hin, das nur unter erheblichem technischem Aufwand entfernt werden konnte, bevor sie die Veranstaltung beendete. Die Mahnwache bittet um sachdienliche Hinweise.

Im Anschluss an das Treffen fand ein Workshop der Organisation Extinction Rebellion statt, bei dem sich die Interessierten über rechtliche Hintergründe und das korrekte Verhalten bei Demonstrationen informieren konnten.

08.07.20 20  

 

 

Risikominimierung durch Ersatzbrunnen nicht gewährleistet

Hochinformative Ansprache an der Dannenröder Mahnwache zu den neuesten Entwicklungen bezüglich des Dannenröder Forstes

Von Falter


Physische Distanz und informative Dichte beim Treffen in Dannenrod. Bild: Falter.

„Der Kampfgeist ist ungebrochen!“ Mit diesen Worten begrüßte Barbara Schlemmer, Abgeordnete der Grünen im Homberger Stadtparlament, die etwa 70 Besucher an der Dannenröder Mahnwache, bevor sie vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig berichtete, das am 23. Juni gefällt worden war. „Inhaltlich gewonnen, jedoch formal verloren“, so fasste Schlemmer die Aussage der Richter*innen zusammen und fügte mit leicht sarkastischem Unterton hinzu, dass der Senat sein  eigenes Urteil von 2014 nicht aufheben wollte. Selbst auf der Homepage des Bundesverwaltungsgerichtes gebe man zu, dass die A49 heute keinesfalls mehr genehmigt würde, zumal die Wasserrahmenrichtlinie nicht geprüft worden sei, ein glatter Verstoß gegen die EU-Richtlinien. Gegen Deutschland laufen laut Schlemmer bereits mehrere Verfahren wegen ähnlicher Verstöße, „ein Skandal“, wie Schlemmer unter Applaus betonte.
Ein Grund für die Sturheit des Bundesverwaltungsgericht sei die so genannte „Rechtskraftbindung“, ursprünglich eingeführt, um Willkür zu verhindert (https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BVerfGE+2%2C+380) . Ein gefälltes Urteil solle nicht ohne Weiteres außer Kraft gesetzt werden können, so auch hier. Aber, setzte die Abgeordnete fort, wie komme es dann, dass unser Bundesverkehrsminister, Andreas Scheuer, völlig problemlos eben diese Rechtskraftbindung breche, zum Beispiel wenn es um höhere Strafen für Raser in Innenstädten und dann deren Rücknahme gehe?
Ein Vergleichsangebot mit dem BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) sei nicht zustande gekommen, was jedoch noch lange nicht aller Tage Abend sei. Schlemmer Verwies auf Auflagen an den Bau der Autobahn, das Wasserrecht müsse nachjustiert werden, was Anlass zur Hoffnung gebe, dass der Dannenröder Wald länger als geplant am Leben bleiben dürfe.
Immerhin habe der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir ein Wassergutachten gefordert, doch hätten die CDU sowie die SPD nicht einmal dies akzeptiert. Schlemmer liegen solche Gutachten vor, die dazu geführt hatten, dass Autobahnen nicht gebaut werden durften.

Trinkwasser-Ersatzversorgung: teuer und mangelhaft

„Ebenfalls interessant“ findet Schlemmer, dass seit 2014 zwei weitere Planfeststellungsverfahren an der Öffentlichkeit vorbeilanciert worden seien. Sie berichtete an dieser Stelle von einem Prozess den zwei Landwirte geführt hätten, die mit einer Enteignung nicht einverstanden gewesen seien. Schlemmer verwies auf die Aarhus-Konvention (https://www.bmu.de/themen/bildung-beteiligung/umweltinformation/aarhus-konvention), welche vorschreibe, dass Baumaßnahmen unter der Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt werden müssten.
Die Äcker der beiden Landwirte seien für Ausgleichsmaßnahmen, so genannte CEF-Maßnahmen (https://tgp-la.de/projektpdfs/Artenschutz_Hermanns_070305.pdf), wichtig gewesen. Da die Landwirte ihr Land behalten durften, hätten diese Maßnahmen noch nicht durchgeführt werden können – wobei der Bau der Autobahn ohne diese Maßnahmen nicht stattfinden könne.
Nachdem Schlemmer auf weitere Veranstaltungen einging, wie eine Demonstration in Marburg, an der unter Anderem Fridays for Future und Greenpeace beteiligt gewesen seien, nannte sie noch einige Zahlen, die den Zuhörern die Tränen in die Augen treiben konnten. So kosteten Ersatzbohrungen, um den baubedingten Ausfall der Trinkwasserförderung zu sichern, zwischen 800 000 Euro und 1,2 Millionen Euro pro Brunnen, finanziert auf Umwegen durch den Steuerzahler, die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) hingegen müsse zehn Ersatz-Unterwasserpumpen finanzieren, um die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Allerdings, so betonte Schlemmer, sei bislang noch nichts geschehen, um das Risiko, das abgeschaltete Brunnen mit sich brächten, zu minimieren. Ein wahrer Ökozid könne die Folge sein, mit vergifteten Brunnen und Wasserknappheit.
Allerdings geben sich die Beteiligten nicht geschlagen: „Wir werden uns neu justieren.“, so Schlemmer, „Wer meint, wir wären besiegt, hat sich geirrt!“
Kräftiger Applaus bestätigte Ihr Schlusswort.

Ausgleich für 200-jährige Wälder nicht möglich

Wolfgang Dennhöfer, Kreisverbandsvorsitzender des BUND, bedauert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes sehr. „Mit uns haben viele Leute verloren, die uns zugearbeitet haben.“, stellte er fest, der Hauptgeschädigte sei jedoch „Der Wald da drüben“. „Wichtig ist, dass wir jetzt alle weitermachen, denn Wälder, die 200 Jahre alt sind, können durch Ausgleichsmaßnahmen nicht ersetzt werden!“, betonte er. Dennhöfer hofft darauf, dass „Danni“ als Einstieg in eine vernünftige Verkehrswende dienen möge. Hierbei gehe es nicht um Formfehler, sondern um wichtigere Entscheidungen. „Wie die Irren rasen wir auf eine Katastrophe zu. In einer solchen Situation geht es dann nicht mehr darum, in der Sackgasse ein bisschen weiter rechts oder links zu fahren, vielmehr muss man Lenkrad und Bremse richtig bedienen.“ Das Gericht habe gewackelt, doch sei es leider zur falschen Seite gekippt. Dies bedauert Dennhöfer, denn ein besseres Urteil hätte dazu geführt, dass die Verantwortlichen mit eher wenig Gesichtsverlust aus der Sache ausgestiegen wären. Aber, so Dennhöfer, man habe sich wohl für den größeren Gesichtsverlust entschieden.
Inzwischen gebe es zahlreiche Gruppen, die die Freunde des Dannenröder Waldes unterstützten, Presseanfragen auf Bundesebene erreichten ihn, sein Spruch vom „Planungsdinosaurier“ sei nun in aller Munde und bundesweit in den Zeitungen zu lesen.
Zudem ist ein Forderungskatalog an Tarek Al Wazir in Arbeit, der an alle Interessierten zur Unterschrift gesendet werden wird. Gerade Al Wazir möge als grüner Minister ein solches Umweltdesaster nicht unterstützen, worum ihn gerne weitere Naturfreunde brieflich bitten könnten.

Auch die Aktivist*innen meldeten sich zu Wort. Gemeinsame Slogans und Demogesänge wurden verkündet, bevor ein Aktivist kurz aus dem Alltagsgeschehen im Wald berichtete. Nicht nur der BUND, auch gewisse Raupen prozessieren derzeit, letztere jedoch mit Vorliebe in Eichenkronen, die auch für Baumhäuser sehr beliebt sind. Man wünscht sich unter anderem ein Medikament, um den Juckreiz zu lindern.
Zudem sind weitere Informationsgespräche mit Waldexperten angedacht, sodass das Grundwissen über unsere Wälder und über unsere Umwelt auch unter dem Dannenröder Blätterdach niemals einrosten möge.

Protestsongs von Broder Braumöller und sehr stimmungsvolle Klänge eines Hang-Spielers rundeten die Veranstaltung ab, bevor sie offiziell beendet wurde und die Anwesenden sich auf privaten Spaziergängen im Wald austauschen konnten.

 

 

 

* * *

 

 

 

„Was für ein Betonwahnsinn“ –

Schulze-Gockel informiert über die neuesten Entwicklungen zum geplanten Bau der A49

Vom Falter, 07.06.2020

 


Christoph Schulze-Gockel, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Gleental äußert sich
mehr als kritisch zu den Plänen der DEGES. Bild: Falter.

„Was für ein Betonwahnsinn“ war der erste Eindruck, den Christoph Schulze-Gockel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Gleental, von der Visualisierung der A49 hatte, wie ihn die DEGES in ihrer virtuellen Ausstellung zeigte. Bereits die Kosten können dem Staatsbürger die Zornesröte ins Gesicht treiben: Ausgehend von 500 Millionen muss man inzwischen mit anderthalb Milliarden Euro an Steuergeldern rechnen, die von der „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH“ (DEGES) hier in Beton gegossen werden sollen.

Schulze-Gockel, der die etwa 60 Anwesenden und sieben Polizisten in drei Streifenwagen zur sonntäglichen Demonstration an der Dannenröder Mahnwache begrüßte, hatte eigentlich gehofft, eine positivere Rede halten zu können, wenn unsere Politiker aus der Corona-Krise etwas gelernt hätten. Schließlich dürfe es  doch kein Zurück in eine Normalität geben, die noch nie normal gewesen sei.

Barbara Schlemmer, Abgeordnete der Grünen im Homberger Stadtparlament, informierte über den Verkehrswegeplan, und fand auch hier einiges an „Betonwahnsinn“: Geplant sei ein Ausbau der B3 zu einer vierspurigen Straße, die B49 soll ebenfalls eine vierte Spur bekommen, wohingegen die A5 sechs Spuren erhalten soll. Schlemmer zufolge entbehren diese Pläne jeder Logik, sollten doch gerade diese Straßen entlastet werden. Warum dann ein Ausbau? Und macht dies die Straßen leiser? Schlemmers Schlussfolgerung: „Es gibt keine Entlastung durch die A49!“, eine solche sei nie geplant gewesen! An dieser Stelle findet Schlemmer sehr deutliche Worte, die sie an die Verantwortlichen richtet, wobei sie auch Wirtschaftsminister Tarek al Wazir nicht ausschließt.

Allerdings, so Schlemmer, „lassen wir uns von den Hochglanzprospekten der DEGES überhaupt nicht an der Nase herumführen.“ Eine Gegenausstellung sei geplant, Aktionstage werden durchgeführt. Vor allem aber, so Schlemmer, werde Greenpeace eine Reportage über den Dannenröder Wald erstellen, die in den entsprechenden Medien veröffentlicht und somit deutschlandweit für Aufsehen sorgen werde. Am Freitag, dem 19. Juni sei eine Fahrrad- und Traktorendemonstration angedacht, Näheres werde noch bekanntgegeben.

Die mündliche Verhandlung im Bundesverwaltungsgericht über die Klage des BUND-Landesverbandes findet am Dienstag, dem 23.06. in Leipzig statt. Hier wird Greenpeace zugegen sein, zusammen mit anderen Umweltschutzverbänden sowie Vertretern aus Dannenrod und Umgebung. Unter anderem wird vor dem Gerichtsgebäude eine Mahnwache stattfinden,  nähere Informationen werden unter anderem der Homepage der Gießener Grünen zu entnehmen sein.

Bevor die Versammlung offiziell für beendet erklärt wurde, meldete sich ein Aktivist zu Wort. Die Coronakrise, so der Vertreter des Waldes, habe gezeigt, dass der Staat durchaus fähig sei, weitreichende Maßnahmen in kürzester Zeit zu ergreifen. Warum, so wollte der Aktivist wissen, ist unsere Regierung nicht dazu fähig, wenn es um die Klimakrise, um den Umweltschutz gehe?

Wer dem Wald und seinen Beschützern helfen möchte, kann durch Spenden dazu beitragen. Der Aktivist wies jedoch ausdrücklich darauf hin, dass nichts Gekauftes darunter sein solle, vielmehr suche man Dinge, die nicht mehr gebraucht würden und in Schuppen und Scheunen vor sich hin staubten. So seien die Waldbesetzer froh über Fenster, Baumaterial, Gartenhäuschen – bei der Demontage böten sie Hilfe an. Da derzeit viel Büro- und Pressearbeit anfiele, suche man noch Menschen, die zeitweise einen Schreibtisch bzw. Internetzugang zur Verfügung stellen könnten. Auch brauche man Powerbanks und USB-Sticks.  Aber nicht alle Wünsche sind so groß: Neben Hängematten und Türklinken würden auch Töpfe, T-Shirts Socken und Kondome benötigt, letztere natürlich nicht gebraucht, wie ein Besucher augenzwinkernd bemerkte.
Im Gegenzug bieten die Aktivisten an, bei Computerproblemen zu helfen, die nötigen Experten haben sie in ihren Reihen.

Unter den wachsamen Augen der Gesetzeshüter nutzten die Anwesenden den Nachmittag noch für Diskussionen, Gespräche und Spaziergänge durch den Dannenröder Forst.

 

* * * * *

 

Gift im Dannenröder Wald 

Deges übt „Naturschutz“ mit Mäusegift

Informativer Spaziergang mit dem NABU und Aktivist*innen im Anschluss an die solidarische Versammlung bei der Dannenröder Mahnwache

von Falter

25.05.2020


Endlich wieder Danni. Bild: Falter

„Endlich können wir wieder ‚rausgehen“ freut sich Karl-Heinz Zobich vom NABU-Kreisverband, der im Rahmen eines Spaziergangs durch den Dannenröder Wald über den Stand der dortigen DEGES-Ausgleichsmaßnahmen informiert. Die meisten der etwa 80 an der Mahnwache erschienenen Demonstranten wollen nach der Auflösung des Treffens noch nicht gleich nach Hause gehen und nutzen den Tag, um Zobich und einige der zahlreichen Aktivist*innen zu begleiten.
Im Vorfeld hatte Zobich klargestellt, dass es wirkliche Ausgleichsmaßnahmen für einen Wald wie „Danni“ nicht geben könne. Was kaputt gemacht werde, könne nicht so ohne weiteres ersetzt werden. 

Die erste Station des Spazierganges führt zu einer Lichtung, die ausnahmsweise nicht der Deges, sondern dem Klimawandel ihre Existenz verdankt. Buchen, denen man den Schatten nimmt, leiden unter Sonnenbrand und sind auf Dauer dem Tod geweiht. Zobich zeigt die Symptome anhand betroffener Bäume und erläutert, dass man zuweilen den Eindruck haben könne, ein Baum erhole sich wieder. Der Schein trüge jedoch, so Zobich, denn im Gegensatz zur vom Borkenkäfer befallenen Fichte sterbe die Buche nicht innerhalb eines Sommers einen plötzlichen Tod sondern gehe, wenn sie nicht genug Blätter habe, langsam zu Grunde. 
Was die Sache nicht besser mache, sei eine Landesregierung, die die Forstämter unter Druck setze und von Hessen-Forst Erträge erwarte. Nicht jeder Förster habe den Schneid, wenigstens zu versuchen, unnötige Fällungen zu vermeiden.
Zobich hebt hervor, dass gerade die Naturverjüngung wichtig sei; nicht der Mensch, sondern die Natur solle die Samen verbreiten, sei es durch Wind, durch Tiere oder auf andere, natürliche Weise. Bäume aus der Baumschule, wie sie die Deges an zahlreichen Stellen als „Ausgleichsmaßnahme“ hat pflanzen lassen, gingen nicht immer an und müssten sich an den Waldboden erst gewöhnen.


Die Wohnung der Molche. Bild: Falter


Nach einem kurzen Exkurs über Totholz als als unverzichtbaren Nahrungsspeicher stehen die Spaziergänger vor einem Kleinstgewässer und staunen. Molche haben sich hier angesiedelt, doch auch für die Gelbbauchunke sind Kleinstgewässer, gerade wenn sie regelmäßig austrocknen, wichtige Lebensräume. Durch das Austrocknen sterben Fressfeinde und der Laich überlebt, erklärt Zobich. Tümpel, wie ihn die Deges einige hundert Meter weiter angelegt hat, seien nicht schlecht und würden von Fröschen und Erdkröten auch gut angenommen (in der Tat wimmelt der Tümpel von Kaulquappen), doch helfen sie gerade seltenen Arten wie der Gelbbauchunke nicht weiter. Die Nähe des Tümpels zur zukünftigen Autobahn werfe ebenfalls Fragen auf. Kröten wandern, soviel ist bekannt, was also, wenn die Wanderstrecke über die Autobahn führe? In diesem Fall spreche man von einer „ökologischen Falle“, ein solcher Teich sei zwecklos.


Karl-Heinz Zobich erklärt den Wald. Bild: Falter

Zudem brauchten die Lurche möglichst schnell erwärmtes Wasser, ein Teich im Wald, der bald von Bäumen überschattet sei, sei zu kalt für den Laich. Einer der Aktivisten verweist auf eine natürliche Quelle bei einer Wüstung ganz in der Nähe, die auf dem Rückweg bewundert werden kann. Auch ein alter Brennofen mit Scherben ist hier zu sehen, allerdings braucht man das geübte Auge eines Archäologen – oder eben eines Menschen, der im Wald lebt.

Schließlich kommt die Truppe zum eigentlichen Ziel der Exkursion. Etwa 200 Meter von der Autobahn entfernt steht eine Plantage kleiner Eichen, an Bambusstäbe gebunden, frisch aus der Baumschule, von Verbissschutz umhüllt. Letzterer scheint dem Rehwild nicht immer ein Hindernis zu sein, die Umhüllung ist schnell nach oben geschoben, viele Bäumchen trotz des Schutzes verbissen oder tot, anderen geht es hingegen recht gut. Soweit, so Forst.


Diese Box enthält den Tod. Bild: Falter

Der Stein des Anstoßes ist eine Plastikrolle, an einen Pfahl gebunden. Ihr Zweck erschließt sich dem Waldbewohner nicht ohne weiteres, dem Stadtmenschen kommt sie hingegen bekannt vor: Erinnert sie nicht an die Köderboxen gegen Ratten, wie sie an der Lauter liegen? Der entsetzte Stadtmensch sollte Recht behalten. Diese komischen Fässer enthalten Gift, das die Waldmäuse innerlich verbluten lässt. Waldmäuse, Brandmäuse, Langschwanz- und Kurzschwanzmäuse, Wühlmäuse… Was hat die Deges gegen diese putzigen Tierchen?
Vor Mäusen fürchten sich nicht nur hysterische Tanten, sondern, zu Recht, auch Forstwirte, denn Mäuse knabbern gerne auch an Wurzeln und lieben die süße Rinde junger Bäume, die sie locker auch im Kreis um den Baum abnagen. Man sagt dann, die Maus „ringelt“ den Baum. Ein solcher Baum kann keine Nährstoffe mehr aufnehmen und stirbt. Also: Weg mit der Maus?

Eine Frage an Eule, Fuchs und Mäusebussard: Können Sie sich einen Wald ohne Mäuse vorstellen? „Nein“, würden diese Tiere antworten, „das können wir nicht. Wir sind auf Mäuse angewiesen“. Was also, wenn die Beute dieser Tiere vergiftet ist?


Historische Scherbe, gefunden bei einem alten Brennofen. Bild: Falter

Laut Zobich verkriechen sterbende Mäuse sich, sodass Greifvögel sie nicht fressen und selber das Gift aufnehmen können. Dem kann allerdings widersprochen werden: Vergiftete Ratten schaffen es nicht immer rechtzeitig nach Hause und liegen zitternd vor Häusern, in Hinterhöfen, ihr Tod ist qualvoll, wie im Umkreis der Lauter immer wieder beobachtet werden kann. Wer also schützt den Fuchs vor dem Gift? Ist die Fähe außer Gefahr, die doch die Mäuse braucht, um ihrem Geheck Futter zuzutragen? Hier darf man geteilter Meinung sein. Die Website der Verbraucherberatung „Chip“ meint hierzu:  „Mäusegift ist eine recht brutale Art, gegen Mäuse vorzugehen. Die Tiere verenden qualvoll. Zudem wird das Gift nur schwer abgebaut. Für natürliche Fressfeinde der Mäuse, wie etwa Raubvögel oder Füchse, stellt das Gift daher eine Gefahr dar. Fressen sie eine vergiftete Maus, vergiften sie sich dabei selbst.“ Füchse werden im Danni nicht bejagt, weil sie nützliche Mäusejäger sind. Sollen sie jetzt zusammen mit ihrer Beute vergiftet werden?


Natürliche Quelle im Dannenröder Wald. Bild: Falter

Ob die Deges weiß, dass sie hier den Teufel mit dem Beelzebub austreibt? Weiß die Deges, welche schlimmen Folgen das Verschwinden einer Tierart für ein Ökosystem haben kann?
Wohl kaum, plant diese Firma doch, gleich das ganze Ökosystem zu gefährden, inclusive der Grundwasservorräte, wie bereits berichtet wurde.

 

Quellen:
 - Karl-Heinz Zobich s.o.
- https://www.chip.de/artikel/maeusegift-ist-das-wirklich-legal_121795  25.05.20 18:54.

 

 

* * * * *

 

Trinkwasservorräte höchst gefährdet

Wanderung mit  Vertretern der Schutzgemeinschaft
Deutscher Wald durch den Dannenröder Forst

von Falter

08.03.2020

 


Karl-Heinz Zulauf, der „Förster von Nebenan“  informierte über die Zweckmäßigkeit von
Ausgleichsmaßnahmen im Dannenröder Wald. Bild: Falter

 

Für viele sind sie schon zu einem Sonntagsspaziergang der besonderen Art geworden, die solidarischen Wanderungen von der Mahnwache durch den Dannenröder Forst zu den Baumhäusern der Aktivisten. So auch an diesem Sonntag, als Wolfgang Dennhöfer (BUND) die ca. 50 Anwesenden  begrüßte, ebenso  Vertreter der  Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die auf Waldschäden, zu befürchtende Konsequenzen der Autobahn sowie unzureichende und unmögliche Ausgleichsmaßnahmen aufmerksam machten.

Nachdem die offizielle Veranstaltung an der Mahnwache wie üblich aufgelöst worden war, wanderten die Interessieren zunächst zum nächsten Kahlschlag, der so nicht geplant war. Warum die Lichtung, an der kurz gestoppt wurde, aussah wie ein Szenario aus einem Endzeitfilm erklärte Karl-Heinz  Zulauf,  der „Förster von nebenan“, wie er sich selbst gerne bezeichnet, genauer gesagt: von Kirtorf.  Zwei Stürme, so Zulauf, seien durch dieses Waldstück geprescht und hätten den Fichten den Garaus gemacht, nach der guten Vorarbeit von Trockenheit und Borkenkäfer ein Kinderspiel.  Der zuständige Förster habe einzelne Bäume stehen gelassen, damit sie wieder aussamen konnten, doch auch diese habe der letzte Sturm beiseite gefegt. Nun stehen noch einzelne Kiefern und überwiegend Douglasien, die dem Klima standhaft trotzen.
Kritisch ging Zulauf mit „Ausgleichsmaßnahmen“ ins Gericht: „Eigentlich müsste man irgendwo den Asphalt aufreißen, wenn man woanders den Boden versiegelt“, erklärte er. Die sei jedoch nicht der Fall. Stattdessen habe man ein künstliches Feuchtgebiet angelegt und eine Wildbrücke geplant, die mit einem künstlichen Wasserlauf bestückt sei – laut Zulauf nicht sehr sinnvoll in Zeiten immer trockenerer Sommer.  Für eher kosmetische  Handlungen hält  Zulauf Bionistkästen, hier würde Geld verbraten, um die Ausgleichsmaßnahmen teuer und salonfähig zu machen.

Explosives Grundwasser

„Wir müssen immer damit rechnen, dass die Gerichte vernünftig urteilen.“, freute sich hingegen Wolfgang Dennhöfer und verwies auf einen Präzedenzfall, bei dem das Wasserrecht ein ähnliches Unterfangen wie die A49 verhinderte.   Dann geht es weiter: „Wir stehen auf Buntsandstein, darunter liegen Trinkwasservorräte für eine halbe Million Menschen, sowohl im Vogelsberg, als auch im Rhein-Main-Gebiet“.  Soweit, so gut.
Mit immer noch freundlichem Lächeln und trügerisch säuselndem Tonfall erläuterte er schließlich Gegebenheiten, angetan sind, auch dem Abgebrühtesten unter den Zuhörern eine Gänsehaut zu verpassen. Im zweiten Weltkrieg, so führte er aus, seien Rüstungsaltlasten ins Grundwasser geraten. TNT, jedem bekannt durch jene roten Stangen, mit denen Kojote Karl den Road Runner in die Luft zu jagen pflegte, TNT also, sei als Chemikalie eine ölige Flüssigkeit, leichter als Wasser, und im zweiten Weltkrieg ein beliebter Sprengstoff gewesen.  Trinitrotoluol, wie das Teufelszeug ausgesprochen heißt,  schwebe bis heute in Form einer „Giftblase“ in einigen Gegenden auf dem Grundwasser. Strömungsverhältnisse hielten es in Schach, sorgten dafür, dass das Gift nicht ins Trinkwasser geriete. Bei der kleinsten Störung sei das Wasser für Vogelsberg und Frankfurt  vergiftet,  wobei noch nicht gesagt sei, in welcher Form das Gift zusätzlich an die Oberfläche käme.

Hier meldete sich Reinhard Forst aus Stadtallendorf zu Wort, von der 1978 gegründeten Aktionsgemeinschaft Schutz des Ohmtals. Pilze und Bäume, sagt er, formten eine Symbiose. Straßenbauarbeiten, die den Wasserhaushalt durcheinander bringen, könnten auf diesem Wege langfristig neben dem Trinkwasser auch unsere Nahrungskette vergiften.
Er verwies auf den Dannenröder Appell, in dem unter anderem Alternativen zur A49 aufgeführt sind, die unter anderem durch ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet im Herrenwald führen solle, was gegen das Gesetz sei. Leider macht ein Gummiparagraph diese Naturzerstörung möglich: Das „öffentliche Interesse“ ist ein dehnbarer Begriff.

Zum Abschluss wurde es wieder etwas heiterer. Bei den Baumhäusern gab es ein herzliches Wiedersehen mit (vegan belegtem) Brot und Rosen(blättern), musikalisch untermalt von Anja Kraus, die an den internationalen Frauentag erinnerte.

Den Dannenröder Appell finden Sie unter https://cdn.website-editor.net/a121c282bd29435984d17f58f604c305/files/uploaded/Dannenr%25C3%25B6derAppell-2019-12-22-Stand-2020-01-23.pdf